Immer im Moment leben
Multitasking, Hektik, Zeitdruck: Wenn der Stress in Ihrem Leben überhand nimmt, können einfache Übungen helfen, den Alltag zu entschleunigen. Die wichtigste Regel dabei: Be here now – immer im Moment leben.
Schon am Frühstückstisch sind die Gedanken bei der Besprechung im Büro. Auf dem Weg dorthin kurz den Kindergeburtstag planen, während des Telefonats mit der Mutter am Abend flott im Internet Schuhe bestellen. Viele Menschen rasen durch den Tag. Unzählige Wellness-Angebote wollen beim Entschleunigen helfen. Langfristig erwies sich besonders ein Weg als wirksam: Achtsamkeit. Das Konzept entspringt der buddhistischen Lehre. Es lässt sich gut in den Alltag einbinden. Der Grundgedanke: in dem Moment leben, in dem man sich gerade befindet.
Bild: © M&M - fotolia.comGefühle wahrnehmen, nicht beurteilen
Zur Achtsamkeit gehört, Gedanken und Gefühle, die aufkommen, nur wahrzunehmen, zu akzeptieren – ohne sie zu beurteilen oder sich von ihnen zu Grübelei und vorschnellen Handlungen verführen zu lassen. Der Effekt dieser Denk- und Lebensweise: Gelassenheit. „Achtsamkeit ist an sich kein Entspannungsverfahren“, sagt der Psychologe Johannes Michalak, Professor für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Universität Witten/Herdecke. Entspannung könne aber auf lange Sicht als positive Nebenwirkung auftreten.
Psychischen Erkrankungen kann vorgebeugt werden
In den 1970er Jahren entdeckten Psychologen die wohltuende Wirkung der jahrtausendealten Tradition. Inzwischen sind Achtsamkeitsübungen aus der Psychotherapie nicht wegzudenken. Sie dienen zur Behandlung und Vorbeugung von psychischen Erkrankungen, etwa bei Depressionen. Sie lindern Symptome bei Angsterkrankungen und Essstörungen, können den empfundenen Stresslevel senken und so Burn-out-Erkrankungen vorbeugen. Die Übungen helfen sogar Krebspatienten, mit ihrer Erkrankung besser umzugehen. Wie gut diese Lebensweise auch gesunden Menschen tut, zeigte kürzlich eine Studie mit US-Bürgern von 50 bis 85 Jahren: Je achtsamer sie lebten, desto besser war ihre seelische Verfassung. Zugleich schien eine achtsame Haltung sie in Lebenskrisen vor dem psychischen Zusammenbruch oder mentalen Problemen zu schützen.
Meditation kann sogar den Blutdruck senken
Achtsamkeitsübungen scheinen sich außerdem günstig auf den Körper auszuwirken – auch wenn solch positive Effekte nicht ausreichend wissenschaftlich belegt sind. Einige Forscher berichten aber, dass Probanden nach einer Übung mehr Abwehrkörper im Blut hatten. In anderen Studien empfanden Schmerzpatienten Beschwerden nicht mehr als so belastend, wenn sie eine achtsame Haltung einübten. Es gibt sogar Hinweise darauf, dass Achtsamkeit hilft, den Blutdruck zu regulieren: In einem Experiment wiesen Probanden nach einer stressigen Aufgabe viel schneller wieder einen normalen Blutdruck auf, wenn sie vorher an einer Achtsamkeitsmeditation teilgenommen hatten, als Probanden ohne diese Meditationsübung.
„Achtsamkeit ist kein Allheilmittel“, sagt Psychologe Michalak. Dennoch könnten „die meisten von uns von einer höheren Dosis Achtsamkeit durchaus profitieren“. Erlernen kann sie jeder. Für den Start zuhause empfehlen sich Atemübungen, etwa angeleitet durch eine CD. Allen, die tief einsteigen möchten oder Hilfe bei den Übungen suchen, rät Michalak zu einem Kurs.
Quelle: Stiftung Warentest